Noah denkt™ -
    Projekt für Wirtschaftsbeurteilungen
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Zynismus und Finanzmarktspekulation
Dialog mit dem Alter Ego über die Telefonmitschnitte bei der Anglo-Irish-Bank, erster Entwurf erstellt am 27.06.,
veröffentlicht am 28.06.13
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Frage vom Alter Ego von Noah denkt™ (AE): In diesen Tagen hat die
Irish Independent Mitschnitte von
abgehörten Telefongesprächen aus dem Jahr 2008 veröffentlicht, in denen Vorstände der mittlerweile
untergegangenen Anglo-Irish Bank, über
staatliche Rettungsgelder und ihren Bank-internen Kapitalbedarf
frotzeln. Schockierend ist dabei der zynisch-ironische Zungenschlag, mit dem sie sich nicht zuletzt auch über
die deutschen Retter lustig machen. Der Inhalt der Mitschnitte hat
empörte Reaktionen seitens der Politik,
sowohl in
Irland, als auch in Deutschland, hervorgerufen. Gerade Finanzmarkt-kritische Beobachter nehmen
die zynische Kaltschnäuzigkeit der Anglo-Irish-Banker jetzt zum Anlass, weitere Maßnahmen zur Eindämmung
der Bankenmacht zu fordern. Was sagt Noah denkt™ zum Tonfall der nun bekannt gewordenen
Telefongespräche?
Antwort von Noah denkt™ (Nd): Es überrascht uns nicht, dass Finanzmarkt-Profis untereinander in dieser
zynischen (Tollhaus-)Art über die Lage sprechen.  Dass dem so ist, hat etwas mit
der Natur des Deutungs- und
Spekulationsgeschäftes an sich zu tun. Denn um die Waghalsigkeit der letztlich ungewissen, eigenen Tätigkeit
auszuhalten, muss man sich und anderen fortwährend vormachen, über den Dingen zu stehen und mit allen
Wassern gewaschen zu sein. Diese Notwendigkeit besteht insbesondere dann, wenn man sich als Angestellter
im Bank-internen, also im korporativen Machtpoker, behaupten muss, und man sich obendrein in einem
besonders hysterischen Markt- und Sozialumfeld bewegt.

AE: Mit anderen Worten, Noah denkt™  kann in den bekannt gewordenen Tapes keine Entgleisung feststellen?
Nd: Sagen wir so: Unsere Entrüstung diesbezüglich hält sich in Grenzen. Natürlich würde man sich im Sinne
eines vernünftigen Führungshandelns wünschen, dass die Betreffenden  den Boden der Seriosität nicht
verlassen. Das Problem ist aber, dass es keineswegs leicht ist, nüchtern und seriös zu bleiben, wenn der
Eindruck entsteht,
als ob die ganze Welt aus den Fugen geraten sei.

AE: Moment mal! Es ist doch nicht die Welt, die aus den Fugen geraten ist, sondern es ist die unkontrollierte
Macht der Finanzmärkte, die selbiges ist!
Nd: Es ist immer leichter, einen Sündenbock zu suchen,  anstatt sich der tristen Wahrheit ehrlich zu stellen.
Nee, nee, es sind keineswegs nur die Finanzmärkte, die aus dem Ruder laufen, sondern es ist unsere Epoche
insgesamt, die dieses tut. Man denke nur an die Umwälzungen, welche die Neuen Medien geschaffen haben;
oder man vergegenwärtige sich den Umstand, dass ein päpstlicher Kammerdiener untreu wird, dass Priester in
Schutzbefohlene missbrauchen, in Bundespräsident aus ungeklärten Gründen zurücktritt, oder dass sich eine
Partei (Piraten) gründet, die inhaltlich gar nicht genau wisen, was sie wirklich steht, um zu verstehen, wie
chaotisch und schwierig unsere Welt geworden ist. Da wird man es nicht beim Hinweis auf die Finanzmärkte
belassen können, um die anarchischen Tendenzen zu beschreiben.

AE: Alles was hier an Beispielen aufgeführt wurde, sind Einzelfälle, die nicht die Regel bestätigen.
Nd: Ach nee, es stimmt also nicht, dass die öffentliche Meinung selbst opportunistisch ist, und heute dieses und
jenes fordert, um sich gleich morgen darüber zu beklagen, dass selbiges auch geschehen ist?

AE: Wo soll das denn passiert sein?
Nd: Na, man nehme nur die aktuelle Diskussion, um
die westliche Haltung im syrischen Bürgerkrieg. Denn hier
beklagen sich die Menschenrechtler ja gerne darüber, dass der Westen (insbesondere die USA) nicht mehr tut,
um das Schlachten zu beenden. Tut er dies aber, wie nun mit den jüngsten amerikanischen Waffenlieferungen
an die Opposition geschehen, sind es nicht selten dieselben, die eigentlich ein Eingreifen fordern, welche sich
nun dagegen wehren, dass hier „wie in Afghanistan derselbe Fehler begangen wird“, nämlich das Kräften
Waffen zur Verfügung gestellt werden, die diese später gegen den Ausrüster selbst richten werden.

AE: Was ist so falsch daran, den an sich Abhör-eifrigen Nachrichtendiensten des Westens vorzuwerfen, dass
sie besser wissen müssten, mit wem sie paktieren können, und mit wem nicht?  
Nd: Falsch daran ist, zu glauben, dass die Lage im Krieg jemals glasklar ist. Mit anderen Worten, es ist hier, wie
in anderen Fällen auch unangemessen, Perfektionsmaßstäbe anzulegen, die an sich ohnehin nicht von dieser
Welt sind.

AE: Also, es sind wieder einmal nicht die Banken, die das Problem schaffen, sondern wir, die pluralistische
Öffentlichkeit, die dieses tut?
Nd: Jedenfalls ist diese Öffentlichkeit nicht so unschuldig, wie sie gerne tut.
© Landei Selbstverlag, Inh. Wilhelm Leonards, Gerolstein

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